Ein Plädoyer für Konflikte
Wer von euch streitet gern? Na wer schon? So richtig Spaß macht es mir zumindest nicht. Bei mir gibt es meist zwei Möglichkeiten. Entweder ich gerade richtig schnell in einen Streit, sodass ich gar keine andere Wahl mehr habe. Oder ich merke, dass mich etwas stört und gehe dem so lange aus dem Weg bis es nicht mehr anders geht. Und dann wünschte ich mir, ich hätte nicht so lange gewartet.
Für all die Konfliktscheuen unter uns – also zum Teil auch für mich – möchte ich dieses Plädoyer schreiben. Leute, streitet mehr! Habt unterschiedliche Ansichten. Tretet dafür ein. Es ist ganz normal. Es muss so sein. Und streitet frühzeitig. Denn der Konflikt weiß alles besser. Er ist der Schlüssel zum Wandel. Der Schlüssel zur Verbesserung. Der Wegweiser in die Zukunft.
Lasst mich euch dafür ein aktuelles Beispiel geben und meine ganz persönlichen Gedanken dazu teilen. Im Moment findet die Hauptversammlung von Siemens statt. Herr Kaeser darf sich heute in der Münchner Olympiahalle vor den Aktionären zeigen. Es geht um die Entlastung des Vorstands. Doch nicht nur die Aktionäre werden anwesend sein. Auch die Klimaaktivisten melden sich lautstark zu Wort.
Warum erzähle ich diese Geschichte? Ich erzähle sie deshalb, weil die Themen und Fragen mit denen die Menschen von Außen auf Kaeser einstürmen für mich keine neuen sind. Es sind die gleichen Fragen die auch intern unter den Mitarbeiter*innen diskutiert werden. Meint der Vorstand es wirklich Ernst mit dem Thema Nachhaltigkeit? Müssten wir nicht anders wirtschaften wenn wir dem Purpose Gerecht werden wollen? Geht es nur ums Geld oder auch um unsere gesellschaftliche Verantwortung? Passt der Management Apparat noch zu den Anforderungen der Zeit? Handle ich so als wäre es mein eigenes Unternehmen oder tue ich nur so?
Die selben Fragen. Nur eine andere Heftigkeit.
Einmal im Stillen. Einmal im Lauten.
Intern dürfen sie nicht gesagt werden. Extern müssen sie gehört werden.
Und jetzt? Jetzt möchte ich mich dafür aussprechen, dass wir auch in den Firmen Räume brauchen wo wir unterschiedlicher Ansicht sein dürfen. Räume wo wir uns fetzen dürfen. Wo wir Emotionen zeigen. Wo wir uns einfach mal ganz arg die Meinung sagen dürfen. Und zwar über Hierarchien hinweg. Jenseits der klassischen Management Strukturen.
Wie oft habe ich den Satz gehört: „Ja, du hast ja Recht – nur das können wir dem Chef/der Chefin Doch nicht sagen. Das würde unsere ganze Abteilung gefährden.“
Ich sage: „Ja! – genau.“ Das könnte passieren. Doch nur deshalb, weil wir in den Firmen dafür im Moment keine Mechanismen und keine Räume haben. Es gibt Management Talks, Abteilungsmeetings und Klausuren. Aber keinen Raum für Konflikte. „Konflikte? Gerüchte? Wo? Nein, haben wir nicht.“ Und ich sage, wenn ein derartiger Dialog rechtzeitig geführt und gut begleitet wird, dann ist es die Chance rechtzeitig daraus zu lernen und sich als Unternehmen entsprechend anzupassen. Und zwar bevor die Keule von draußen kommt.

Also, Leute – streitet mehr! Und streitet nicht alleine. Sprecht mich gerne an, wenn ihr mehr darüber wissen wollt. Ich helfe gern beim Streiten 🙂 Denn dann macht es auch Spaß und tut weniger weh.
Danke Barbara! Wie wahr 🙂
Lass uns die neue produktive Konflikt-Kultur überall praktizieren, wo sie gebraucht wird.
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